Im Oktober 2018 wurden von der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) überarbeitete Leitlinien für die Bewertung von Umgebungslärm veröffentlicht. Die aus Dosis-Wirkungs-Relationen der WHO abgeleiteten Richtwerte verstehen sich als Empfehlungen für den Schutz der menschlichen Gesundheit vor Lärm und sollten den Entscheidungsträgern in Europa als politische Orientierungshilfe dienen. Auf Grundlage der Arbeiten der WHO hat die Europäische Kommission deshalb am 5.3.2020 die Richtlinie (EU) 2020/367 zur Änderung des Anhangs III der Richtlinie 2002/49/EU erlassen.
Im Rahmen der Studie der Medizinischen Universität Wien, Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin, wurde geprüft, inwiefern die abgeleiteten Richtwerte der WHO für die österreichische Situation und Rechtslage relevant sind. Es war jedoch nicht Ziel der Studie, die Grenzwerte bzw. Grenzwertsysteme in den besonderen Immissionsschutzvorschriften (z.B. Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung - BStLärmIV) in Frage zu stellen.
Laut WHO ist Verkehrslärm eine der wichtigsten umweltbedingten Gefahren für die menschliche Gesundheit bzw. das Wohlbefinden der Bevölkerung in der europäischen Region. Die Studienautoren empfehlen deshalb aus ärztlicher Sicht eine Anpassung der derzeitigen nationalen Grenzwerte bzw. Maßnahmenschwellenwerte. Dies wird im Bundesministerium für Klimaschutz nunmehr evaluiert und ist auch mit den ebenfalls für Lärmschutz an Straßen zuständigen Bundesländern abzustimmen.
Die Informationsplattform www.laerminfo.at soll eine verstärkte Berücksichtigung des Lärmschutzgedankens in der Planung unterstützen. Denn frühzeitige Lärmvermeidung durch gute Planung hilft, Probleme und notwendige teure Sanierungen zu vermeiden. Bei der Reduktion der Lärmbelastung sind verschiedene Strategien möglich. Hier kommen Maßnahmen zur Reduktion der Schallemission an der Quelle, Maßnahmen am Ausbreitungsweg oder direkt an den Wohnobjekten in Betracht. Die Lärmschutzmaßnahmen sind in Österreich immer von den für die jeweilige Lärmquelle verantwortlichen Stellen und Behörden zu planen.
Bei der Ausarbeitung der Lärm-Aktionspläne gemäß der EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG kommt der Information der Bevölkerung eine besondere Bedeutung zu. Die Teil-Aktionspläne der jeweils in Österreich zuständigen Stellen können deshalb gemeinsam mit den dazugehörenden strategischen Umgebungslärmkarten und weiteren Informationen zum Lärmschutz unter www.laerminfo.at abgerufen werden.
Gerade im Bundesministerium für Klimaschutz wurde beim Lärmschutz in Zusammenarbeit mit der ASFINAG, der ÖBB-Infrastruktur, den Flughäfen sowie den Bundesländern bereits viel erreicht. In den unter www.laerminfo.at/aktionsplaene/ap_2018 veröffentlichten Aktionsplänen zum Lärmschutz werden diese Ansätze und Lösungen von den zuständigen Stellen dargestellt.
Lärmschutz an Straßen des Bundes:
Mit der Dienstanweisung „Lärmschutz an bestehenden Bundesstraßen“ regelt das Bundesministerium für Klimaschutz die Planung und Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Autobahnen und Schnellstraßen. Für den Neubau von Autobahnen und Schnellstraßen gelten die Regelungen der Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung (BStLärmIV).
Mit Stand 2018 wies das Autobahn und Schnellstraßennetz der ASFINAG über 1.368 km Lärmschutzeinrichtungen mit einer Gesamtfläche von 4,51 km2 auf. Das Investitionsvolumen für Lärmschutzmaßnahmen betrug 2018 rund 35 Mio. und im Jahr 2019 etwa 57 Mio. Euro. Die geplanten Lärmschutzmaßnahmen werden im Bauprogramm der ASFINAG festgehalten. Dieses Bauprogramm wird durch das Bundesministerium für Klimaschutz evaluiert und entsprechend freigegeben. Im teilweise ebenfalls stark verkehrsbelasteten Straßennetz der Länder und Gemeinden erschweren die geringen Abstände zur Wohnbebauung häufig die Errichtung von aktiven Lärmschutzeinrichtungen.
Lärmschutz beim Schienenverkehr:
Die Eisenbahn als umweltfreundliches Verkehrsmittel kann einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung von Umwelt- und Klimazielen sowie zur Verkehrssicherheit leisten. Eine Erhöhung des Anteils des Schienenverkehrs im Personen- und Güterverkehr ist deshalb sowohl nationales Ziel als auch Ziel auf EU-Ebene. Als kritischer Punkt des Schienenverkehrs muss jedoch die Lärmbelastung genannt werden: gerade in den dicht besiedelten Siedlungsräumen Österreichs, insbesondere in den auf Grund der für Österreich typischen Topographie engen Tälern stellt der Schienenverkehrslärm eine Belastung für die hier lebenden Menschen dar.
Durch die Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen im Zuge des Programmes zur schalltechnischen Sanierung an Eisenbahn-Bestandsstrecken (Programmstart 1993) sind die Störungen zufolge des Schienenverkehrslärms signifikant geringer geworden. Die aktuelle Initiative "Leise Gleise" der ÖBB setzt gleich an mehreren Hebeln an: Einerseits bei den Fahrzeugen, andererseits bei der Infrastruktur, wo Maßnahmen zur Reduzierung der Schallemission eingeleitet werden. Im Personenverkehr wird auf die leisen Cityjets gesetzt. In der Infrastruktur werden rau gewordene Schienen geschliffen und Schallschutzwände errichtet. Für Anrainerinnen und Anrainer werden Schallschutzfenster und -türen sowie Schalldämmlüfter gefördert. Güterwagen werden mit leisen Bremssystemen ausgestattet. Die Umrüstung der Flotten bei den wesentlichen österreichischen Eisenbahnverkehrsunternehmen ist bereits weit fortgeschritten.
Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Lärmreduktion wurde mit den Quieter Routes Austria getan: Die Europäische Kommission hat 2019 mit der Verordnung „TSI-Noise“ den rechtlichen Rahmen für die „Quieter Routes“, also leisere Strecken, geschaffen: Wesentliche Teile der internationalen Korridore und wichtigen Bahnstrecken, die durch Österreich führen, werden als „Quieter Routes“ eingestuft. Ab Ende 2024 werden laute Güterwagen auf diesen Routen verboten. Das ist ein Meilenstein zur Eindämmung von Schallemissionen durch die Bahn.
Lärmschutz in der Luftfahrt:
Als langfristige Strategie zum Schutz vor Fluglärm wurde in Österreich der „Ausgewogene Ansatz“ gewählt, um durch einen breiten Interessensausgleich zwischen Anrainern und Luftfahrtindustrie eine tragfähige Koexistenz sicherzustellen. Mit der Reduzierung des Fluglärms an der Quelle, den Lärm mindernden Betriebsverfahren und den Betriebsbeschränkungen wird der Rahmen, in welchem sich Maßnahmen bewegen können, vorgegeben. Von Seiten der österreichischen Flughäfen werden Lärmschutzmaßnahmen zum Teil auch deutlich unter den Schwellenwerten der Fluglärmaktionsplanung umgesetzt.
Bereits im Jahr 1992 wurde am Flughafen Wien-Schwechat, dem größten Flughafen Österreichs, die Fluglärmüberwachungsanlage FANOMOS (Flight Track and Noise Monitoring System) in Betrieb genommen. Die Anlage registriert an derzeit 15 fixen und drei mobilen Messstellen in Siedlungsgebieten die Schallpegel der Überflüge. Messergebnisse können auf der Homepage des Flughafens Wien unter www.vie-umwelt.at eingesehen werden. Als Ergebnis einer Zusammenarbeit von Austro Control GmbH und Flughafen Wien können Flugspuren auf http://www.flugspuren.at abgefragt werden.